STILLES SITZEN UND RESILIENZ

STILLES SITZEN UND RESILIENZ


Ich erinnere mich an meine erste buddhistische Lektüre, Chögyam Trungpas „Buch vom meditativen Leben“, ein Geschenk meiner besten Freundin in Zeiten großer Not in jungen Jahren. Damals hat mich der Inhalt wohl eher intuitiv erfasst als das ich ihn bewusst verstanden hätte. Nichts desto trotz bin ich zu Retreats gefahren, die innere Verzweiflung war wohl groß genug. Wer das Setting kennt, weiß schon: erlöst wird hier nichts, außer vielleicht der Hoffnung, dass einen irgendetwas retten könnte. Vielmehr begegnet einem das Schwert der Klarheit und zeigt mit der Spitze genau auf den nervösen Geist, bis einen der Lärm der ungezähmten Gedanken überrollt. So hab ich damals auch von meinen ersten Retreats zu Hause berichtet: Es war furchtbar und irgendwie auch gut.

Das Gute ist der Moment, in dem der Geist müde wird, an den Gedanken festzuhalten und aufgibt. Sich in die Tiefe des Bewusstseins fallen lässt und still wird. Erst da erkennt man den Segen der Meditation: Es wird nichts hinzugefügt, um innere Ruhe zu erfahren, sondern etwas weggelassen. Zuerst verzichtet man auf äußere Ablenkungen indem man in Stille sitzt. Dann, und das ist ein hingebungsvoller Prozess, verzichtet man auf die Sicherheit der eigenen kleinen Gedankenwelt und öffnet sich dem Unbekannten jenseits des fixierten Geistes. Das kann durchaus dauern, manchmal Jahre. Und doch ist der Weg dahin so unschuldig und einfach, dass er sich allemal lohnt.

Einen Platz zu finden, zu dem man sich regelmäßig zurückziehen kann, um den Geist auszuruhen in der Präsenz des Atems, ist eine Art Work Out für unsere Neurologie. Also nicht der Versuch, nicht zu denken, sondern das Verzichten auf zusätzliche Reize und die Fokusierung auf die Bewegung des Atems. In Kombination mit bewegter Meditation, sei es Qi Gong, Wandern oder Radfahren, stärkt stilles Sitzen und Atem-Gewahrsein die Resilienzfähigkeit, unsere innere und äußere gesunde Widerstandskraft.