Das Wissen um Resilienz stärkende Werkzeuge und Ressourcen ist nicht in Gold aufzuwiegen in Tagen wie diesen. Wenn gewohnte Handlungen unwillkürlich durch äußere Einwirkung unterbrochen werden, kommt jede/r von uns innerem Chaos und existentiellen Ängsten unangenehm nahe. An der Stelle bietet sich die Chance, diesen Erfahrungen inneren Halt zu geben anstatt verunsichernde Gedanken zu wälzen. Containment (Halt) und Stabilität sind an bestimmte Grundbedingungen geknüpft.
Der niederländische Trauma-Experte und Psychiater Bessel van der Kolk formuliert drei grundlegenden Bedürfnisse, um während der Pandemie bei geistiger Gesundheit und resilient zu bleiben, die ich gerne mit euch teilen möchte. Erstens sind soziale Kontakte, auch online, für unser Sicherheitsempfinden grundlegend wichtig. Es kann auch fein sein, gemeinsam mit FreundInnen online zu kochen, zu trainieren, sogar singen ist möglich. Zweitens ist der Klang vertrauter Stimmen (auch unsere eigene) wie Musik für unser Gehirn. Selbst zu singen, wirkt stabilisierend auf unser Nervensystem (und dabei geht’s nicht um die Performance ;). Drittens trainieren wir unser Gehirn wenn wir körperliche Bewegung machen gleichzeitig mit Muskeln und Gewebe. Yoga, Boxen, Tai Chi, Laufen, Krafttraining, gleichmäßiges Gehen, Kung Fu – alles ist erlaubt – wenn möglich sogar in der freien Natur.
Auf diese Art drücken wir uns aus, fühlen uns emotional verbunden und tun etwas für uns selbst, Grundbedürfnisse menschlicher Sicherheit. Gerade, wenn du traumatische Erfahrungen in deinem Leben gemacht hast, ist es besonders wichtig, ein wenig von allem langsam und regelmäßig aufzubauen, selbst wenn der Anfang manchmal schwer scheint. Damit aus einer neuen Angewohnheit Routine wird, muss sie einfach nur 30 Tage wiederholt werden. Wenn die Überwindung schwerfällt, fang mit kleinen Schritten an – und vor allem, fang immer wieder an! Du hast ein Leben lang Zeit!
Erhalten wir diese neuen Routinen aufrecht, haben wir eine gute Grundlage, um herausfordernde Gefühle die mit den Erfahrungen der letzten Wochen einhergegangen sind, verdauen zu können. Mit zunehmender äußerer Sicherheit wird uns mehr und mehr bewusst, dass wir am Weg in eine neue Zeit sind. Noch wissen wir nicht viel. Wir spüren mehr die Veränderung. Und mit dem Spüren kommen all die Gefühle, die in den hektischen vergangenen Wochen nicht so viel Platz hatten, an die Oberfläche: Unbehagen, Orientierungslosigkeit, Verlorensein, Unsicherheit, Angst, Schmerz, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Trauer, Abschied, zugleich auch Sehnsucht, Zuversicht, Neugier, Lebensfreude, Dankbarkeit, Liebe, Verbundenheit, Freisein…
Gefühle kommen und gehen in Wellen, manchmal sind wir uns ihrer bewusst während sie da sind, manchmal erst im Nachhinein. Manche plätschern sanft durch uns hindurch, manche spülen uns vom Strand und bringen uns an die Grenze des Erträglichen. Wir brauchen Zeit und Verständnis uns selbst und unserer Verletzlichkeit und Zartheit gegenüber. Zeit um Mitgefühl für uns und andere zu nähren. Eine sanfte Hand, ein Lächeln, ein freundlicher Blick, ein Augenzwinkern im richtigen Moment – spürbare Verbundenheit. Auf diese Art können kleine Schockelemente oder Belastungen langsam auftauen, bewusst gefühlt werden und sich regulieren. Lassen wir uns Zeit, können wir unserem Organismus vertrauen, dass er seine Balance wiederfindet.
Zusammenfassend möchte ich dich ermutigen: es ist lohnenswert, gerade jetzt stabilisierende Routinen beizubehalten und dein Vertrauen in die Welt im großen Mitgefühl wurzeln zu lassen. Peter Levine sieht darin eine wesentliche Bedingung, damit aus Schockerfahrungen keine langfristigen traumatischen Belastungen erwachsen. Trauma is not what happens to us, but what we hold inside in the absence of an empathetic witness. Dieser empathische Zeuge kann uns im Außen begegnen, zugleich können wir uns gerade jetzt in aller Freundlichkeit uns selbst und unseren Bedürfnissen zuwenden und selbst mitfühlend begleiten. Erst dann können wir gut für andere da sein. Im Blog findest du ein passendes Ritual vom März dazu.
Auch an den kommenden Retreats, Resilienzabenden, Adyashanti Gatherings werden obige Themen zentral sein. Deshalb freu ich mich diesmal ganz besonders, dich beim Retreat Stille Wellen im Juli zu sehen. Komm und tauch ein in die respektvolle freundliche Atmosphäre, um all die Anstrengungen und Sorgen, die dein Herz, deinen Körper und deinen Geist in den letzten Wochen belastet haben, in einer friedvollen Atmosphäre zu erspüren, loszulassen und zu heilen.
Alles Liebe und Gute für dich und alle Wesen dieser wunderbaren Erde,
Tanja